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Sudetendeutsche Landsmannschaft in Österreich (SLÖ)

1817-1912 Die Ursachen des deutsch-tschechischen Gegensatzes

Obwohl die Deutschen durch die Ostkolonisation im Mittelalter große Kulturleistungen im böhmisch-mährischen Raum vollbracht haben und zeitweise mehr als ein Drittel des Landes seit dem 11. Jahrhundert deutsches Siedlungsgebiet war, kam es im Laufe der Jahrhunderte mindestens zehnmal zu blutigen Vertreibungen der Deutschen. Ganz besonders im 15. und 16. Jahrhundert, als unter den Hussiten die blühenden Landschaften Karls IV. einen Niedergang erlebten und dann noch die "Wladislawsche Landesordnung von 1500" die Deutschen rechtlos machte. Das Stereotyp der Unterdrückung des tschechischen Volkes unter den Habsburgern hält einer kritischen Betrachtung nicht stand, weil Böhmen zur reichsten Provinz in der Monarchie wurde.


Wiedererweckung der tschechischen Nation


Unter dem Einfluss der deutschen Romantik (Herder) führten die nationalstaatlichen Tendenzen in Böhmen von Anfang an zu einem Gegensatz zu den Deutschen. Besonders der böhmische Landeshistoriker Franz Palacky verwendet in seiner "Geschichte von Böhmen" die Fälschung der "Königinhofer Handschrift" des Landesbibliothekars Václav Hanka, die schon 1817 einen tschechischen Nationalmythos begründet hat, als Quelle und stellt die Deutschen als "kriegerische, herrschsüchtige Räubervölker" dem "demokratischen Slawentum als Pfleger der Humanität" gegenüber. Als einer der weiteren Väter der Wiedererweckung bringt Josef Jungmann 1839 ein "Tschechisches Wörterbuch" heraus, in dem alle deutschen Lehnwörter durch polnische und russische Wörter ersetzt sind.


Als 1848 in mehreren deutschen und österreichischen Städten eine bürgerliche Revolution gegen den Absolutismus ausbricht, trägt diese in Prag tschechisch- nationalistische Züge und führt 1849 zum 1. Slawenkongress in Prag, der bereits den Panslawismus (1826 von Jan Herkel als Vereinigung aller Slawen unter russischer Vorherrschaft geprägt) als vorherrschendes Ziel mit dem Grundzug des Deutschenhasses propagiert.


Als bleibende Errungenschaft, für alle Länder der Monarchie, ist die Bauernbefreiung auf Grund eines Antrages des Abgeordneten Hans Kudlich, aus Lobenstein bei Troppau in Schlesien, anzusehen. Am Reichstag in Kremsier gibt es bereits Gesetzesanträge von Franz Palacky und Ludwig von Löhner zur Teilung der Kronländer nach ethnischen Gesichtspunkten, die aber abgelehnt werden.


Nationalmythos und Deutschenhass


Die nächsten zwanzig Jahre sind von Verfassungskämpfen und immer radikaleren Forderungen im böhmischen Landtag gekennzeichnet. Unter dem Schlagwort des "Böhmischen Staatsrechtes" (1871 im Landtag anerkannt) wird das Recht auf die historischen Grenzen für die tschechische Nation postuliert und die deutschen Siedlungsgebiete als "verdeutschte Gebiete", durch Immigranten und Kolonisten des 17. und 18. Jahrhunderts (lt. Palacky), bezeichnet. Eine Geschichtsfälschung, die sich als roter Faden durch die ganze tschechische Politik bis heute hinzieht. Von da an befindet sich die Bewahrung des deutschen Volkstums auf der Verliererstraße und immer zwei Schritte hinter den tschechischen Eroberungstendenzen.


So werden die Schutzvereine "Matice školska" und "Národní Jednota" zur Tschechisierung deutscher Gebiete bereits 1870/72 gegründet, während der Deutsche Schulverein zur Bewahrung der deutschen Kultur und Sprache in bedrohten Gebieten erst 1880 in Wien ins Leben gerufen wird. Im gleichen Jahr wird auch Tschechisch als zweite Landessprache in Böhmen von der Regierung Taaffe-Stremayr verordnet. 1884 stellt der deutsch-liberale Abgeordnete Herbst den Antrag auf administrative Zweiteilung Böhmens.


Die Verhandlungen um einen Ausgleich in Böhmen scheitern durch die radikalen Forderungen der Partei der "Jungtschechen" (1874 gegründet), aus denen 1897 die erste Tschechische Partei der „National-Sozialisten" hervorgeht. An der Sprachverordnung der Regierung Badeni vom April 1897, Tschechisch auch als "innere Dienstsprache" in Böhmen und Mähren einzuführen - ein Zugeständnis an die Jungtschechen - entzündet sich der Sprachenstreit. Durch Obstruktionspolitik der radikalen "Deutschnationalen Volkspartei" unter Georg von Schönerer und Karl Hermann Wolf kam es zu Tumulten im Reichsrat und auf den Universitäten in Innsbruck, Graz, Prag und Wien, welche nicht nur den Parlamentarismus entehrten, sondern Österreich in den Augen der Welt unfähig erscheinen ließen, das Nationalitätenproblem zu lösen. Badeni wurde abberufen, die Sprachverordnung aufgehoben. Am gesamtösterreichischen Kongress der Sozialdemokraten wurde unter Josef Seliger im September 1899 in Brünn die Forderung nach national abgegrenzten Verwaltungskörpern in das Parteiprogramm aufgenommen. (Praktisch ein Nationalitäten-Bundesstaat, ähnlich der Vorschlag "Das föderative Groß-Österreich" von Aurel Popovici in Ungarn 1906).


1905: Mährischer Ausgleich (nach neunjährigen Verhandlungen), der durch die Bemühung um einen Nationalitätenkataster für viele Länder als Muster diente. 1907 wurde bereits das Allgemeine Wahlrecht in Österreich eingeführt, wodurch der Einfluss der radikalen Parteien schwindet, die Sozialdemokraten sind die stärkste Partei Böhmens.


Völkerkerker oder Panslawismus?


1908 findet der 2. Panslawistenkongress in Prag statt, der von Karel Kramár (dem Vater des Neoslawismus = russisch-slawische Vorherrschaft) einberufen wurde, und macht durch deutsch-feindliche und auf die Zerstörung der Monarchie gerichtete Parolen aufmerksam.


Während ein Panslawismus z.B. schon 1869 vom Schwiegersohn Palackys  - F. L. Rieger - in Paris "zur Niederhaltung deutscher Einigungsbestrebungen" propagiert wird, ist ein Pangermanismus zu dieser Zeit nicht existent, wenn man vom sogenannten "Deutschen Bund" absieht, er wird von französischen Publizisten und Revanchisten (z. B. Denis, Dareste, Chéradame, Benoist: "L'Europe sans Autriche") nur herbeigeredet.


Mit dem von den Tschechen erfundenen Totschlagwort vom "Völkerkerker" wird Österreich in der öffentlichen Meinung zum klassischen Land der Nationalitätenkonflikte. "Neunzig Prozent der Tatsachen blieben der Welt unbekannt, dass das österreichische Nationalitatenrecht, trotz aller Unvollkommenheit, im Vergleich zu allen anderen Staaten der Welt, ein leuchtendes Vorbild war." - so der Völkerrechtler Rudolf von Laun in seinem Entwurf für den "Schutz nationaler Minderheiten" 1919 an den Völkerbund Genf.



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